In einem festlichen Rahmen sind an der Alemannen-Realschule die neuen Streitschlichter ernannt worden.

MÜLLHEIM. Streitschlichtung hat an der Alemannen-Realschule Tradition. Seit 1997 werden hier unter der Leitung von Horst Buschmann Achtklässler von am Konfliktpräventionsprogramm beteiligten Lehrern – dieses Jahr waren dies Petra Schwarz und Daniel Kahlau – auf diese Aufgabe vorbereitet. Als neue Streitschlichter-Lehrerin wurde Julia Slisko eingeführt.

Den Streitschlichtern der zehnten Klasse, die bald die Schule verlassen, verlieh Horst Buschmann in seiner Abschiedsrede viele "Oscars": für ihre bildschirmreifen Darstellungen verschiedener Streitszenen für die klassenübergreifende Zusammenarbeit, für musikalische Einlagen und solche mit Tanz. Rektorin Angelika Haarbach ist stolz auf die Streitschlichter der Alemannen-Realschule. Sie kam vor zwei Jahren nach Müllheim und freute sich, hier eine aktive Konfliktlösungsstruktur vorgefunden zu haben. Diese bestehe nicht nur in Worten, sondern werde auch in Taten umgesetzt, lobte sie.

Die Schule verfügt auch über einen "Trainingsraum". Dort stehen mitnichten Turngeräte bereit, damit sich unruhige Schüler an ihnen abreagieren können, sondern es ist ein Raum, in dem die Schüler ihr unangemessenes Verhalten im Unterricht, zusammen mit einem speziell dafür geschulten Lehrer oder ehrenamtlichen Elternvertreter, reflektieren können. Den neuen Streitschlichtern überreichte die Rektorin eine Ernennungsurkunde, um ihr Engagement zu würdigen. Zum Schluss sangen alle zusammen den Streitschlichtersong.

 

Streitschlichter zu sein, das bedeutet für die Schüler Verantwortung und viel Zeitaufwand. Neben der Streitschlichterausbildung stehen für die Acht- bis Zehntklässler zwei mehrtägige Seminare auf dem Programm. Frischgebackene und erfahrene Streitschlichter berichten über ihre Arbeit: BZ-Mitarbeiterin Beatrice Ehrlich sprach mit Lisa Conrad und Johanna Merz von der achten Klasse sowie Daniel Hennes von der neunten Klasse.

BZ: Wie verlief Eure Ausbildung zu Streitschlichtern?
Johanna: Eine ganze Woche lang haben wir uns täglich getroffen, zweimal auch nachmittags. Wir haben Kennenlern- und Teamspiele gemacht: Uns zum Beispiel im Kreis einen Fingerring von Mund zu Mund weitergegeben. Dann haben wir auch verschiedene Streitsituationen durchgenommen.
BZ: Wann und wie werdet Ihr aktiv?
Lisa: Wir wurden in Zweierteams eingeteilt. In der ersten großen Pause sitzt immer ein Team im Streitschlichterraum. Wenn ein Lehrer mitbekommt, dass es irgendwo Streit gibt, dann schickt er die betreffenden Schüler zu uns.

BZ: Gibt es auch Auseinandersetzungen, die Ihr nicht schlichten könnt?
Johanna: Ja. Wir sind keine Richter, sondern Schiedsrichter. Wenn deutlich ist, dass einer der Täter ist und der andere das Opfer, dann muss ein Streitschlichter-Lehrer einen Täter-Opfer-Ausgleich vornehmen.
BZ: Warum habt Ihr Euch als Streitschlichter beworben?
Lisa: Ich mag Streit nicht und hoffe, dadurch was dazuzulernen und andere Sichtweisen kennenzulernen.
Daniel: Mich interessiert: Wie fühlen sich andere? Das Schöne daran ist vor allem, wenn sie sich dann wieder vertragen.
BZ: Hast Du persönlich was dazugelernt?
Daniel: Ja. Ich kann mich jetzt besser in andere reinversetzen und mir ihre Gefühle vorstellen.
BZ: Was war ein Streit, den Ihr geschlichtet habt? Seid Ihr immer erfolgreich?
Lena: Zwei Siebtklässler, die eigentlich befreundet sind, haben geblödelt. Dabei hat der eine dem anderen mit dem Schirm ein Bein gestellt. Er hatte sich zwar schon entschuldigt, aber das musste er dann noch mal vor uns tun, und wir haben es ins Protokoll aufgenommen.
Sabrina: Meistens hatten sich die beiden Streitenden schon wieder versöhnt, wenn sie zu uns kamen.
Lena: Notfalls müssen wir erst mit dem einen, dann mit dem anderen sprechen.
BZ: Horst Buschmann hat eure schauspielerischen Leistungen gelobt. Was meint er damit?
Sabrina: Wenn wir in Bürchau sind (beim Streitschlichter-Seminar, Anm. der Redaktion), müssen sich immer zwei eine Streitsituation ausdenken, und zwei andere müssen schlichten.
Lena: Wir müssen Teamgeist rüberbringen, zum Beispiel in einem Werbespot.
BZ: Was habt Ihr persönlich beim Streitschlichten mitgenommen?
Lena: In einem Praktikum bei der Volksbank wurde gefragt: Was ist eine offene Frage? Das wusste ich vom Streitschlichten: Es ist eine Frage, auf die man nicht mit "Ja" oder "Nein" antworten kann. Man muss in ganzen Sätzen antworten. Da hat der Ausbilder gestaunt, dass das jemand wusste.

Neue Streitschlichter sind: Rebecca Fedder, Ann-Kathrin Baltes, Madeline Chapman, Lisa Conrad, Johanna Merz, Christian Schickling, Gabriela Arndt, Anna-Lena Schaffhauser, Thorben Ruprecht, Leonie Zimmer. Verabschiedet wurden nach zweijähriger Tätigkeit: Evelyn Drefs, Lena Irion, Tobias Jones, Sabrina Steinmitz, Svenja Brause, Anna Cammarata, Lutz Moser, Alicia Beha, Sebastian Sanchez-Adell, Lena Hölzle, Baris Yanar.

 

14. Dezember 2010

Veröffentlicht in der gedruckten Ausgabe der Badischen Zeitung.

von: Beatrice Ehrlich